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CETA im Bundesrat stoppen!

Unser Brief an die GRÜNEN Landtagsabgeordneten

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Attac-Berlin

26.06.2020:
Vor knapp 5 Jahren gingen in Berlin 250.000 Menschen gegen TTIP und ähnliche Freihandelsabkommen auf die Straße.

Während TTIP 2.0 wieder heimlich von der EU Kommission und der Bundesregierung vorangetrieben wird, wurde CETA - das Handelsabkommen mit Kanada - bereits im Februar 2017 vom Europaparlament vorläufig genehmigt und dadurch in großen Teilen angewandt. Noch nicht angewandt wird derzeit z.B. jener Teil des CETA Vertrags, der die einseitigen Sonderklagerechte von Investoren gegen Staaten (ISDS) enthält.

Die Ratifizierung durch die einzelnen Staaten der EU läuft. Auch in Deutschland wird demnächst darüber im Bundestag und Bundesrat abgestimmt werden. Ersteres ist bei den aktuellen Mehrheitsverhältnissen eher Formsache. Im Bundesrat könnte es aber knapp werden, wenn die Grünen, die in Ländern (mit)regieren, zu ihrem Wort stehen und CETA eine Absage erteilen. In unserem Archiv liegen noch Fotos der Demo gegen CETA, auf denen auch die gesamte damalige Spitzenriege der Grünen zu sehen ist.

Leider ist es trotzdem gar nicht sicher, dass sie gesammelt zu ihrem Wort stehen, was ein Blick nach Baden-Württemberg und Hessen zeigt, wo die hessischen Grünen MdL mit der CDU im Koalitionsvertrag das JA zum CETA fest vereinbart haben!. Auch in anderen Landesregierungen bleibt das Abstimmungsverhalten der Grünen im Bundesrat bisher unklar.

Deshalb haben wir allen 200 Grünen Abgeordneten der Landesparlamente, in denen die Grünen Teil der Regierung sind, geschrieben. In unserem Brief machen wir klar, dass unsere Befürchtungen sich bereits während der vorläufigen Anwendung von CETA bewahrheiten. Lest selbst:

CETA Ratifizierung

Sehr geehrte(r) Abgeordnete,

manchmal fühlt es sich nicht gut an, Recht zu behalten. So in diesem Fall:

Seit Jahren warnen weite Teile der Zivilgesellschaft, von globalisierungskritischen bis zu kirchlichen Organisationen, vor den Auswirkungen des Handelsabkommens CETA zwischen der EU und Kanada, das seit Herbst 2017 vorläufig angewandt wird.

Unter anderen hatten wir dabei besonders die folgenden Gefahren im Blick:

  • Gefahren für Lebensmittelsicherheit durch Absenkung bisheriger Standards
  • Aufweichung oder Abschaffung des Vorsorgeprinzips
  • Aushebelung demokratischer Verfahren und Parlamente durch nicht gewählte und nicht kontrollierte Ausschüsse

Wie wir feststellen mussten, ist all dies nach nur einem halben Jahr schon beim ersten Ausschusstreffen (CETA Sanitary and Phytosanitary Committee 27./28.03.2018) Realität geworden:

  • Kanada hat mit Verweis auf schwächere Standards der USA bereits in dieser ersten Sitzung Grenzwerte der Lebensmittelsicherheit angegriffen:
    Entsprechend äußert jetzt auch Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner solche Überlegungen. Auch Ursula von der Leyen sagt, die Kommission denke derzeit über neue Festlegungen von Rückstands-höchstgehalten für Pestizide nach (https://taz.de/Essen-mit-gefaehrlichen-Pestiziden/!5663710/).
    Die Lebensmittelsicherheit ist akut gefährdet!
  • Kanada hat das europäische Vorsorgeprinzip in Frage gestellt:
    Die EU will dementsprechend in Zukunft einen „risikobasierten“ anstatt eines „gefahrbasierten“ Ansatzes verfolgen. Risiken für Umwelt und Menschen werden bewusst in Kauf genommen. Vom Vorsorgeprinzip wird nicht mehr gesprochen. Der „risikobasierte“ Ansatz schwächt das in der EU geltende Vorsorgeprinzip und setzt uns größeren Risiken aus. Es ist wohl kein Zufall, dass eine entsprechende Wortwahl neuerdings auch bei Julia Klöckner und ihrem Ministerium zu finden ist: „Das Ministerium der CDU-Politikerin teilte der taz mit, es setze sich „für eine risikoorientierte Bewertung von Rückständen ein“. Siehe auch o.g. Link.
    Ein zentraler Pfeiler der Umwelt-und Gesundheitspolitik würde damit wegfallen!
  • Kanada verlangt Mitsprache bei europäischen Gesetzgebungsverfahren:
    Wörtlich: „Canada needs to be reassured that the new Animal Health Law will not negatively impact exports of Canadian animals, animal products and by products to the EU.”
    “The Commission indicates that it will duly consult experts, Member States, and other interested parties, EU stakeholders ... in the spirit of better regulation.”
    Demokratische Prinzipien werden so ausgehebelt!
    Einige Schlaglichter auf das Protokoll des Treffens finden Sie hier:
    https://www.foodwatch.org/fileadmin/-NL/Toelichting_documenten.pdf
    Das gesamte Dokument finden Sie bei Interesse hier:
    https://www.foodwatch.org/fileadmin/-NL/CETA-scans.pdf

Auch mit Blick auf dringende Maßnahmen gegen die Klimakrise sind Freihandelsabkommen pures Gift. Wie zahlreiche aufgrund des Energie-Charta Vertrages geführte bzw. angedrohte Verfahren zeigen, wird jedes Umsteuern in der Klimapolitik dadurch sehr teuer oder sogar ganz verhindert. Uniper und RWE drohen z.B. den Niederlanden mit Entschädigungsklagen wegen des Kohleausstiegs.

Zu guter Letzt zeigt die aktuelle Coronakrise schonungslos die Schattenseiten der Abhängigkeit von den sehr fragilen globalen Lieferketten auf. Um auf zukünftigen Krisenszenarien besser vorbereitet zu sein, bedarf es in vielen Wirtschaftszweigen, besonders aber in existentiellen Bereichen wie dem Arzneimittelbereich, einer teilweisen Rückbesinnung auf eine Regionalisierung der Produktion. Ein immer stärkeres Setzen auf einen rein profitorientierten Freihandel würde dieser wichtigen Lehre aus der Krise jedoch im Wege stehen.

Wir fordern Sie und Ihre Partei auf, bei den Abstimmungen im Bundestag und vor allem auch im Bundesrat gegen die Anwendung des CETA Vertrages zu stimmen. Verhindern Sie die dauerhafte Ratifizierung von CETA!

Sollten Sie hierzu Fragen haben, die ein bewusst kurz gehaltenes Schreiben nicht beantworten kann, stehen wir Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.

Sie können auch in der Broschüre von Council of Canadians und Foodwatch selber nachlesen, um wie viel es geht: https://canadians.org/report-potential-dangers-ceta-committees-europe

Mit freundlichen Grüßen,

attac-Berlin

Nächster AG-Termin

  • PG Gerechter Welthandel (noTTIP)

    PG Gerechter Welthandel (noTTIP)

    Die PG Gerechter Welthandel (noTTIP) trifft sich jeden 2. und 4. Dienstag im Monat um 19:30 Uhr.

    bei einer gewünschten Teilnahme wird es gebeten um Voranmeldung, per Mail: nottip@attacberlin.de

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