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Grünes "Jein" zu CETA!?

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24.04.2021 Etwas erstaunt waren wir, als wir Euer neues Wahlprogramm 2021 durchgelesen haben, liebe Grüne. Fast hätten wir es überlesen und vielleicht habt Ihr es selber nicht so genau mitbekommen, was Ihr da in einem unscheinbaren Satz hineingeschrieben habt:

„Am CETA-Abkommen haben wir erhebliche Kritik. Wir wollen daher das CETA-Abkommen in seiner derzeitigen Fassung nicht ratifizieren, sondern es bei der Anwendung der derzeit geltenden Teile belassen.“ 1

Das kann doch nicht Euer Ernst sein. Die vorläufige Anwendung beinhaltet doch schon fast alle Kritikpunkte, die Ihr selber in der Vergangenheit gegen den Vertragstext mehrfach ins Feld geführt habt, ja die Ihr mit uns und hunderttausend anderen eindrucksvoll als Protest auf die Straße gebracht habt:

  • So weist Ihr mehrfach klar und deutlich auf die Gefahr der Untergrabung des Europäischen Vorsorgeprinzips hin. (2,3,4)
  • Legt den Finger in die Wunde, wenn es um das Risiko der Aushöhlung der öffentlichen Daseinsvorsorge geht. (5,6)
  • Erkennt die Gefahr, dass es innerhalb der öffentlichen Auftragsvergabe nun ungleich schwerer wird, ökologische und soziale Kriterien zu Felde zu führen. (7)
  • Prangert an, dass durch die sogenannte „Regulatorische Kooperation“ der Einfluss der Lobbyisten noch vor Bekanntwerden einer Gesetzesvorlage ungleich gestärkt wird. (8,9)
  • Setzt Euch dafür ein, dass als Grundvoraussetzung für faire Handelsabkommen verbindliche Menschenrechtsklauseln aufgenommen werden – u.v.m. (10)

In dem Zusammenhang wollen wir uns auch insbesondere an Sie, Frau Annalena Baerbock, und an Sie, Herr Robert Habeck, wenden. Haben Sie beide sich doch in der Vergangenheit persönlich recht eindeutig gegen CETA positioniert. Siehe u.a.:

Frau Annalena Baerbock 2015:

„Nach aktuellem Verhandlungsstand dienen TTIP und CETA vor allem Interessen von Großkonzernen und drohen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu untergraben. Beide Abkommen setzen wichtige Standards im Umwelt-, Verbraucher-, Sozial- und Datenschutz aufs Spiel.“ 11

Und Herr Robert Habeck 2016:

„Die erkämpften Rechte der Bürger, der Schutz der Verbraucher, der Arbeitnehmer, der Umwelt dürfen nicht zur Verhandlungsmasse werden. Das ist aber bei CETA und bei TTIP die Gefahr. […] Sie degradieren demokratische Errungenschaften zu Handelshemmnissen.“ 12

Sehr aufschlussreich sind vor allem Ihre Ausführungen im gleichen Jahr zur Bedeutung der vorläufigen Anwendung, Herr Habeck, in denen Sie diese für eindeutig „politisch falsch“ halten. Weiter führen Sie aus:

„Es ist das fatale Signal, dass die Zustimmung der demokratisch legitimierten Institutionen wurscht ist. […] Wir brauchen das Gegenteil. Wir haben eine Vertrauenskrise in der Politik, und als Politiker müssen wir für Vertrauen streiten.“ 13

 Richtig, Herr Habeck. Es gilt Vertrauen in der Politik zurückzugewinnen. Das Schöne an Ihrem Vorhaben ist, dass Ihre Partei und Sie es ganz einfach in die Tat umsetzen können. Setzen Sie sich entschieden für die Beendigung der vorläufigen Anwendung ein. – Das Bundesverfassungsgericht hat diese Möglichkeit eindeutig eingeräumt. 14

Die vorläufige Anwendung enthält halt leider schon fast alle oben aufgeführten Gefahren – und daran ändern auch die hastig aufgesetzten Zusatzerklärungen nichts. – Aber das habt Ihr ja am Beispiel des Vorsorgeprinzips schon selber richtig festgestellt. 15

Einzig die berüchtigten Investor-Schiedsgerichte (ICS) und der Seeverkehr sind von ihr ausgenommen. ICS würde die Gefahren durch drohende Milliardenklagen natürlich noch einmal potenzieren. Jedoch existiert schon innerhalb der vorläufigen Anwendung die Möglichkeit der Staat-zu-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit (Kap. 29 des Vertragstextes, Panelverfahren), so dass durch sie schon ein starker Druck zur Umsetzung des Vertragstextes aufgebaut wird. Und dass CETA beim Seeverkehr erst einmal nicht zur Anwendung kommt, ist zwar gut und schön – wir wollen aber nachvollziehbarer Weise auch an Land von diesem unsäglichen neoliberalen Handelsvertrag verschont bleiben.

Liebe Grüne, holt Euch die Vertrauenswürdigkeit (u.a. gegenüber Euren potentiellen Wähler*innen) zurück. Streicht diesen Nebensatz aus Eurem Wahlprogramm!

Viel Erfolg bei der Umsetzung wünscht Euch

Attac Berlin, AG Gerechter Welthandel

 

Änderungsanträge zum Wahlprogramm: https://antraege.gruene.de/46bdk/kapitel_2_in_die_zukunft_wirtschaften-15059

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1 https://cms.gruene.de/uploads/documents/2021_Wahlprogrammentwurf.pdf (S.42)
2 https://cms.gruene.de/uploads/documents/BUENDNIS_90_DIE_GRUENEN_Bundestagswahlprogramm_2017.pdf (S.94)
3 https://cms.gruene.de/uploads/documents/V-55-V-31_Neustart_fuer_fairen_Handel_und_V31.pdf (S.2)
4 https://www.gruene-bundestag.de/themen/freihandel
5 https://www.gruene-bundestag.de/themen/freihandel
6 https://cms.gruene.de/uploads/documents/TTIP__CETA__TISA_-_So_nicht.pdf (S.2f)
7 https://cms.gruene.de/uploads/documents/TTIP__CETA__TISA_-_So_nicht.pdf (S.3)
8 https://cms.gruene.de/uploads/documents/TTIP__CETA__TISA_-_So_nicht.pdf (S.4)
9 https://cms.gruene.de/uploads/documents/BUENDNIS_90_DIE_GRUENEN_Bundestagswahlprogramm_2017.pdf (S.94)
10 https://www.gruene-bundestag.de/themen/freihandel
11 https://www.annalena-baerbock.de/pmannalena-baerbock-auf-stop-ttipceta-demo/
12 https://taz.de/Gruenen-Politiker-Habeck-ueber-Merkel/!5318182/
13 https://www.shz.de/deutschland-welt/politik/ceta-vorlaeufig-anzuwenden-findet-robert-habeck-politisch-falsch-id15078926.html
14 https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/bvg16-071.htm
15 https://www.gruene-bundestag.de/themen/freihandel

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